Anita Fetz Medien Echo.  
1999 Eine Macherin mit Gerechtigkeitsgefühl
von Beatrice Marti, in der Neuen Luzerner Zeitung vom 20. Juli 1999

Eine Macherin mit Gerechtigkeitsgefühl
Anita Fetz will nach einer Berufspause zurück nach Bern
Engagiert, so kannte man sie: Anita Fetz, bis 1989 Poch-Nationalrätin. Dann trat die damals 33jährige zurück. Jetzt probt sie ihr Comeback.
Im Alter von 33 Jahren ist Anita Fetz 1990 alt Nationalrätin geworden. Seit 1985 hatte sie für die Basler Poch in Bern politisiert. Und in kurzer Zeit war sie zu einer prominenten Persönlichkeit geworden. Die einen belächelten sie, die anderen fürchteten sie, kalt liess sie niemanden. Ihre unverfrorene Art und ihre Angewohnheit, sich auch für scheinbar hoffnungslose Anliegen mit Leidenschaft einzusetzen, brachten einen neuen, farbigen Stil ins Parlament. Als Gipfel der Unverfrorenheit schliesslich betrachteten manche ihren frühzeitigen Rücktritt. Wie konnte sie nur eine derartige Karriere einfach so abbrechen?
Amtsverdrossenheit war es nicht, wie Anita Fetz versichert. Auch die zahlreichen Niederlagen hätten sie nicht entmutigt. Im übrigen, so fügt sie bei, sei ihre Politik gar nicht so erfolglos gewesen. Recht hat sie; viele ihrer Anliegen haben sich im Rückblick ganz nach ihren Wünschen entwickelt: «Kaiseraugst» ist vom Tisch, das Gleichstellungsgesetz geht auf einen Vorstoss von Fetz zurück, und auch die Drogenpolitik ist liberaler geworden. Die Sache ist viel banaler: Anita Fetz zog sich aus «Altersgründen» aus der Politik zurück. Denn sie wollte sich eine solide berufliche Grundlage schaffen, die ihr auch wirtschaftliche Unabhängigkeit geben sollte: «Ich habe zu viele Kolleginnen und Kollegen gesehen, die beruflich in einer Sackgasse gelandet sind.»
Bereits 1986 hatte sie daher eine Firma für Unternehmensberatung mitgegründet. Nach der Anlaufzeit forderte die Firma den vollen Einsatz. Anita Fetz entschloss sich, auf das Nationalratsmandat zu verzichten. Zudem habe sie nicht Tag und Nacht arbeiten, sondern auch etwas vom Leben haben wollen. Inzwischen ist die Firma etabliert; sie spezialisiert sich auf Personalentwicklung und Umstrukturierungsprozesse in kleineren und mittleren Unternehmen. Ihre politischen Erfahrungen hätten ihr auch im Berufsleben geholfen, etwa Kenntnisse über das Funktionieren öffentlicher Verwaltungen.
Erfolg gefährdet andere
Anita Fetz hat das Ziel der wirtschaftlichen Unabhängigkeit erreicht. Sie kann daher das Versprechen einlösen, das sie sich bei ihrem Rücktritt gemacht hat: Politisch wieder anzutreten. Ein Anfang ist gemacht. Seit 1997 sitzt sie im Basler Grossrat – für die SP diesmal. Und im Herbst will sie für den Nationalrat kandidieren. Dass sie gewählt wird – mit einem Spitzenresultat –, daran bestehen kaum Zweifel. Bereits bei der Wahl ins Kantonsparlament überflügelte sie ihren profilierten Kollegen Ruedi Rechsteiner.
Obwohl Fetz der Partei Stimmen einbringen dürfte, war ihre Nomination für die eidgenössischen Wahlen lange Zeit unsicher. Konkret wurde sie als Bedrohung für einen oder eine der Bisherigen wahrgenommen. Zudem brach eine Kontroverse aus, ob die Fetzsche Politik noch sozialdemokratisch sei, ob die etablierte Wirtschaftsfrau zu den Genossinnen und Genossen passe. «Natürlich bin ich angepasster geworden», meint Anita Fetz dazu. «Es wäre ja seltsam, wenn ich mit vierzig noch so politisieren würde wie mit zwanzig.» Aber ihre Motivation sei die gleiche geblieben.
Sie politisiere aus einem tiefen Gerechtigkeitsgefühl heraus. Das sei früher schon so gewesen. Auch zu Poch-Zeiten hätte sie mit marxistischen Theorien nie viel am Hut gehabt. Wenn sie aber etwas als ungerecht empfunden habe, habe sie dagegen opponiert und es zu verändern versucht. Daran habe sich nichts geändert. Der einzige Unterschied sei, dass sie heute über andere Mittel zur Einflussnahme verfüge. Sie nehme beispielsweise nicht mehr an einer Besetzung teil, kümmere sich dafür lieber um die Logistik der entsprechenden Organisation. Und gerade als Vertreterin eines Teils der Wirtschaft fühle sie sich zum politischen Engagement verpflichtet. Sie halte es für «einen Affront», dass sich die Wirtschaft aus der Politik verabschiedet habe und nur noch ihre Bedingungen diktiere. Die Politik dürfe nicht zur blossen Sachwalterin der Wirtschaft verkommen. «Sonst sehe ich schwarz für die Entwicklung der Gesellschaft und den zwischenmenschlichen Zusammenhalt.»
Oberstes Ziel: Arbeitsplätze
«Wer nicht politisiert, mit dem wird politisiert.» Getreu einem ihrer Leitsätze will sich Anita Fetz politisch für die kleinen und mittleren Betriebe engagieren. Denn hier und nicht bei den «Grossen» liegt ihrer Ansicht nach ein Schlüssel zur Lösung eines der grössten Probleme unserer Gesellschaft: genügend Arbeitsplätze. Und weil Anita Fetz nicht nur gerne redet und streitet, sondern ebenso «macht», so hat sie sich gleich an die Arbeit gemacht: Vor gut einem Jahr initiierte sie ein Impulsprogramm für Neuunternehmerinnen. Vorläufige Bilanz: 80 neu gegründete Unternehmen mit 180 Arbeitsplätzen.