Anita Fetz Medien Echo.
2004 Anita Fetz: «Ich will den Blickwinkel ändern»
von Werner de Schepper und Sandro Brotz, im SonntagsBlick vom 11.1.2004
© SonntagsBlick

Anita Fetz: «Ich will den Blickwinkel ändern»
Manifest der Frauen – eine Zeitung entsteht
ZÜRICH. Sie nahm das Blatt in die Hand und keines vor den Mund. Die Basler Ständerätin Anita Fetz (46) war Chefredaktorin dieses SonntagsBlicks – und drückte der Zeitung ihren Stempel auf.

Die Zusage kam am Mittwochabend und war so spontan wie Anita Fetz eben ist: «Als Frau nehme ich Chancen gerne wahr, bei denen ich Einfluss nehmen kann, wenn auch diesmal nur für kurze Zeit.» Die Aktion ist Teil der «Frauenmanifest»-Kampagne von SonntagsBlick und BLICK.
Die Basler Ständerätin als Chefredaktorin für einen Tag – das Protokoll:

Chefredaktorin bei SonntagsBlick: Die Basler Ständerätin Anita Fetz
Chefredaktorin bei SonntagsBlick: 
Die Basler Ständerätin Anita Fetz 
Foto: Franco Bottini 
10 Uhr: An der Redaktionssitzung präsentiert Anita Fetz ihr Leitmotiv als SonntagsBlick-Chefin: «Ich will kein feministisches Kampfblatt machen, sondern den Versuch unternehmen, den Blickwinkel zu ändern.» In der Themendebatte wird der Fokus auf die Frauen schnell umgesetzt. Souverän dirigiert Fetz die SonntagsBlick-Crew.
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  • Chefreporter Carl Just fasst den Auftrag, bei der Story über US-Soldaten im Irak die Soldatinnen nicht zu vergessen.
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  • Die angeblich bevorstehende Exhumierung von Lady Di interessiert Fetz nicht. Sie entschliesst sich, einen Kurzkommentar zu schreiben, warum man die Königin der Herzen endlich in Frieden ruhen lassen sollte.
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  • Statt einer Story über die in Deutschland zu Tode gequälte kleine Carolin wünscht die neue Chefin einen Hintergrundbericht über Gewalt an Kindern in der Schweiz. Kein Problem: Eine entsprechende Studie liegt in der Redaktion schon bereit.
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  • Begeistert reagiert Frau Chefredaktorin auf den Vorschlag der neuen Ressortleiterin Gesellschaft, Paola Biason, den Erfolg von Mister Schweiz, Robert Ismajlovic, zu würdigen. «Dieser Mann wird intellektuell unterschätzt», weiss Fetz.
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  • Keine Gnade kennt sie bei Fifa-Boss Sepp Blatter. «Ich will eine neue Rubrik mit dem Titel ‹Pascha der Woche›. Da kommt Blatter rein.»
    11.45 Uhr: An der Schlagzeilen-Sitzung verordnet Neo-Chefredaktorin Fetz die Devise: «Wir sollten in der Tonalität nicht auf Panik machen, sondern informativ wirken.» So wird aus «Jeder vierte Jet ist eine Schrottmaschine» neu «Mängel an jedem vierten Jet».
    13.15 Uhr: Fetz informiert Produktion und Layout über ihr Blatt. «Ich will keine Schockerbilder», beschliesst sie. Die Frau weiss, was sie will.
    13.45 Uhr: Sitzung mit der Sport-Redaktion. Die begeisterte FC-Basel-Anhängerin gibt bei der Skiberichterstattung den Tarif durch: «Ständig auf den Trainer zu schiessen, bringt nichts. Wir sollten zeigen, wo der Nachwuchs steht.»
    14.20 Uhr: Fetz will einen Ersatz für die Kolumne von Frank A. Meyer, der in den Ferien weilt. Kurzentschlossen greift sie zum Telefon und engagiert Coop-Boss Hansueli Loosli, Unternehmer des Jahres 2003. Auch hier wird der Fokus auf die Frauen gelegt. Loosli hat zum Manifest der Frauen zu schreiben.
    14.35 Uhr: Rückzug ins Chefbüro. Interview mit Tele Basel. Dann aber schnell die Lady-Di-Kolumne tippen. Die Zeit drängt, bald müssen weitere Entscheidungen gefällt werden.
    15 Uhr: Konferenzschaltung mit der Bundeshausredaktion. «Ich will keine Hickhack-Storys, sondern Hintergründe», fasst sie ihr Credo zusammen. «Bitte kein Blocher-Bashing, das hilft ihm nur», gibt sie den Takt bei der Berichterstattung über den SVP-Parteitag vor.
    15.20 Uhr: Die «Tagesschau» von SF DRS kommt auf Besuch, will sich vor Ort über den gewaltigen Erfolg des Frauenmanifests und die neue Rolle von Anita Fetz informieren.
    15.30 Uhr: Zweite Redaktionssitzung. «Das Thema Kindergewalt und den Mister Schweiz auf der selben Seite? Das geht nicht!», analysiert Fetz. Das Blatt wird umgestellt.
    17 Uhr bis 22.30 Uhr: Fotos auswählen, Entwürfe für die Titelseite mitgestalten, Artikel lesen und redigieren, Editorial schreiben. «Mein Kopf ist langsam voll», stöhnt Fetz.
    Nach 23 Uhr: Die letzten Seiten werden nach Adligenswil in die Druckerei übermittelt. Die SonntagsBlick-Ausgabe Nummer 2/2004 ist fertig. Pünktlich! Und noch immer liegt das Sandwich der Chefredaktorin unangetastet auf ihrem Pult. «Das ist ein verdammt stressiger Job», lacht die Baslerin. Und verspricht sogleich: «Mein Honorar geht natürlich an Frauenprojekte.»
    Kompliment und danke, Frau Chefredaktorin. Kommen Sie doch wieder mal vorbei!

    Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion SonntagsBlick